



Massnahmen der Eidgenossenschaft gegen Tieflöhne gefordert
Y ne Feri
(Red) Mit einer Mindestlohn-Initiative wollte der Schweizerische Gewerkschaftsbund eine Verbesserung der untersten Löhne erreichen. Doch das Angstmacher-Argument des Arbeitsplatzverlustes der Gegnerschaft hatte Erfolg: Am 18. Mai 2014 sagten nur 23 Prozent des Volkes und kein einziger Kanton Ja zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes. Nationalrätin Yvonne Feri ( SP / AG ) fordert nun vom Bund Massnahmen.
Die Probleme bedürfen einer dringenden Lösung, denn Tieflöhne und Armut hängen zusammen. Viele Working poor sind gezwungen, für ihre Existenzsicherung noch So-zialhilfe zu beziehen. Und diese Sozialhilfe wird von Steuergeldern bezahlt.
Mit 13 Unterzeichnenden reichte daher am 5. Juni 2014 die aargauische SP-Natio-nalrätin eine Interpellation ein und bat den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Welche Massnahmen gedenkt er in naher Zukunft zu initialisieren, damit die Tieflöhne so weit angehoben werden, damit diese für die Deckung des Lebensunterhaltes reichen?
2. Was gedenkt er zu tun, dass nicht die Sozialhilfe bei Tieflöhnen zum Tragen kommt und dadurch die Arbeitgeber finanziell profitieren können?
Siehe Interpellation Feri und Antwort des Bundesrates vom 27. August 2014:
http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20143414
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Kommentar von Yvonne Feri
Gemäss dem Bundesrat sind zurzeit keine zusätzlichen Massnahmen zur Anhebung der Tieflöhne angebracht. Insofern akzeptiert er stillschweigend, dass bei Bedarf die Sozialhilfe bei Tieflohnarbeitenden einspringt und somit die Steuerzahlenden schlussendlich den Arbeitgebern zu mehr Gewinn verhelfen.
Immerhin wurden in diesem Jahr die Flankierenden Massnahmen zur Erhöhung der Sanktionen bei Lohnverstössen und eine Erhöhung der Anzahl Kontrollen in Grenzregionen und in besonders gefährdeten Branchen beschlossen.
Grosse Lücken
Doch – was wird hier genau geprüft? Bezahlt ein/eine ArbeitgeberIn einer Person für ihre Arbeit zeitgerecht einen Lohn, besteht ja kein Missbrauch – abgesehen davon, wenn die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern nicht eingehalten wird oder wenn der GAV oder der NAV nicht berücksichtigt werden.
Genau hier gibt es grosse Lücken – dies konnten wir bei der Abstimmung zur Mindestlohninitiative (MIV) immer wieder feststellen.
Und als zweite Massnahme hat das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche unter Beteiligung der SozialpartnerInnen und der Kantone die Möglichkeit zum Erlass eines Normalarbeitsvertrages bei drohenden Missbräuchen sowie Massnahmen in Branchen ohne funktio-nierende Sozialpartnerschaft prüft.
Prüfen ist gut und schön. Doch wann dürfen wir Resultate erwarten? Die Bekenntnisse der Arbeitgebervertretungen / Wirtschaftsvertretungen während des Abstimmungskampfes zur MIV sind wohl bereits wieder vergessen.
Bundesrat verkennt Probleme der Sozialhilfe
Der Bundesrat begrüsst die soziale Integration von SozialhilfeempfängerInnen und die berufliche Wiedereingliederung. Er verkennt dabei aber einige Punkte: die Stigmatisierung der Personen, die fehlenden passenden Arbeitsplätze, die Rückzahlungspflicht in einigen Kantonen.
Wie geht es nun weiter?
Im Bereich der Sozialhilfe braucht es eine gesamtschweizerische Harmonisierung und eine gerechtere Verteilung.
Im Bereich der Tieflöhne braucht es ein Bekenntnis der Wirtschaft und der SozialpartnerInnen, dass mit raschen Schritten ein angemessener Mindestlohn in allen Branchen in allen Gebieten der Schweiz eingeführt und nicht mehr akzeptiert wird, dass eine Person mit einem Vollpensum bspw. mit einer abgeschlossener Berufslehre oder in der Reinigungsbranche von ihrem Einkommen nicht leben kann.